Von verborgenen Geschichten und Aha-Momenten

Meine Erlebnisse im ersten Block der Fortbildung „Narrative Organisationsberatung“

Narrative? Kenne ich doch schon. Oder?

Storytelling. Narrative. Erzählungen. Diese Begriffe sind längst überall – in Marketingstrategien, in der Führungskommunikation, in Veränderungsprozessen. Wer in diesen Bereichen arbeitet, kommt kaum noch daran vorbei. Und auch ich dachte: „Klar, ich weiß, wie wichtig Geschichten sind. Ich kenne die Basics. Ich habe mich schon damit beschäftigt.“

Doch was ich in den drei Tagen der Fortbildung „Narrative Organisationsberatung“ erlebt habe, hat mich überrascht – und meine Sicht auf das Thema grundlegend verändert. Denn Narrative sind nicht einfach nur nette Anekdoten, die Emotionen wecken oder Botschaften transportieren. Sie sind viel tiefgreifender: Sie steuern, wie Menschen ihre Organisation erleben, wie sie Veränderung wahrnehmen – und ob Wandel gelingt oder scheitert. Aber beginnen wir von vorn…

Aufbruch in eine unbekannte Welt

Als ich am 20. März 2025 zum ersten Block der Fortbildung ankam, war ich gespannt – aber auch unsicher, was mich erwarten würde. Schon beim ersten Kennenlernen wurde mir klar: Diese Gruppe ist besonders. Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer kamen aus ganz unterschiedlichen Städten – von Zürich bis Hamburg – und aus ebenso vielfältigen beruflichen Hintergründen. Doch schon nach wenigen Stunden fühlte es sich an, als würden wir uns alle schon länger kennen. Die Dozenten Christine Erlach und Michael Müller schufen eine offene, herzliche und wertschätzende Atmosphäre – der perfekte Rahmen, um tief in das Thema einzutauchen. Doch trotz dieser positiven ersten Eindrücke hatte ich noch keine klare Vorstellung davon, was mich in den nächsten Tagen erwarten würde.

Neue Perspektiven und Aha-Momente

Eine der ersten Erkenntnisse: Bevor wir Geschichten verändern können, müssen wir sie verstehen. Dafür braucht es Storylistening – das bewusste Zuhören, um verborgene Narrative sichtbar zu machen. Unsere Übung dazu war so simpel wie wirkungsvoll: einen anderen Menschen eine Geschichte erzählen lassen – und wirklich zuhören. Keine Bewertungen, keine Unterbrechungen, keine schnellen Schlussfolgerungen. Mir fiel auf, wie selten wir das eigentlich tun. Wie oft wir in Gesprächen schon innerlich antworten, bevor unser Gegenüber fertig ist. Die wichtigste Erkenntnis für mich: Wir brauchen mehr echtes Zuhören und weniger „Top-down-Kommunikation“.

Ein weiteres Highlight war das Aktantenmodell, das hilft, Narrative zu analysieren. Wer sind die zentralen Figuren in einer Geschichte? Wer agiert, wer reagiert? Und warum? Mit welchem Ziel? Durch die Anwendung dieses Modells konnten wir Muster erkennen, die uns vorher verborgen geblieben wären. Ich war beeindruckt, wie schnell sich durch diese Methode scheinbar festgefahrene Organisationsstrukturen in einem neuen Licht zeigen.

Besonders faszinierend für mich war die Arbeit mit Metaphern. Wir erforschten, welche sprachlichen Bilder Menschen für ihre Organisationen nutzen und was diese Metaphern über die Kultur und Dynamik aussagen. Ist die Organisation eine „Maschine“, in der alles reibungslos funktionieren muss? Oder eher ein „Dschungel“, in dem jeder für sich kämpft? Durch den bewussten Umgang mit Metaphern konnten wir verborgenes sichtbar machen – und neue, konstruktivere Bilder entwickeln. Mein persönlicher Aha-Moment: Oft sind es nicht die großen Geschichten und Visionen, sondern die kleinen Alltagsgeschichten, die das Klima prägen!

Mit neuen Augen sehen: Ein neues Verständnis für Narrative

Nach drei intensiven Tagen voller Gespräche, Übungen und Reflexionen fühlte es sich an, als hätte sich ein neuer Blickwinkel geöffnet. Narrative Organisationsberatung ist mehr als eine Methodensammlung – sie ist auch eine Haltung: Zuhören, Geschichten ernst nehmen und verstehen, Wandel als Erzählprozess gestalten.

Der offene und ehrliche Austausch mit der Gruppe war eine wertvolle Erfahrung. Beeindruckt haben mich auch die Dozenten: mit einem unglaublichen Gespür für Gruppenprozesse, mit fundiertem Wissen und einer Leichtigkeit, die es uns einfach machte, tief in die Thematik einzutauchen. Die nächsten beiden Blöcke der Fortbildung können kommen. Ich bin gespannt, welche Geschichten sie schreiben werden und freue mich schon auf das Wiedersehen im Juni.

Neueste Beiträge

Beginnen Sie mit der Eingabe und drücken Sie Enter, um zu suchen