Ist Storydoing das neue Storytelling?
Storytelling ist im Marketing vieler Unternehmen bereits zum Standard geworden. Doch wie sieht es mit der Verbreitung und Anwendung von Storydoing aus? Bevor wir uns hiermit weiter beschäftigen, sollten wir zuerst einen Schritt zurück gehen und definieren was Storytelling von Storydoing unterscheidet.
Storytelling versus Storydoing
Rosemarie Ryan erklärte in einem Vortrag auf der 4A’s Transformation 2014, dass Storytelling oft nur als Werkzeug der Marketingabteilung verstanden würde, während Storydoing im gesamten Unternehmen angewendet werden müsse. Dies stellt eine grobe Unterscheidung der beiden Konzepte dar. Storytelling kann in den verschiedensten Abteilungen zu unterschiedlichen Zwecken genutzt werden und wichtige Botschaften transportieren. Insgesamt liegt der Fokus auf dem Erzählen von Geschichten. Die Zielgruppe ist dazu angehalten, zuzuhören und so ein Verständnis für die transportierte Botschaft zu entwickeln. Storytelling-Unternehmen übermitteln die Geschichte ihrer Marke oder ihrer Firma oft durch Pressearbeit oder bezahlte Werbung an Konsumenten.
Beim Storydoing hingegen, geht es darum Geschichten nicht nur zu erzählen, sondern sie zu erleben und für andere erlebbar zu machen. Aktive Partizipation lautet hier das Stichwort. Durch Storydoing wird die Geschichte zu einem Erlebnis, in das die Zielgruppe miteinbezogen wird.
Storydoing im Unternehmen
Im Unternehmenskontext bedeutet Storydoing, dass eine Core-Story entwickelt wird, die im Mittelpunkt steht. Die Firma formuliert nicht nur kommerzielle Ziele in Bezug auf Absatz und Umsatz, sondern auch Ziele, die darüber hinausgehen. Damit ist das „Why“ des goldenen Zirkels von Simon Sinek gemeint. Warum gibt es dieses Unternehmen? Wofür steht die Firma und wofür setzt sie sich ein? Diese essentiellen Fragen sollten in der Core-Story des Unternehmens beantwortet werden.
Die Geschichte kann zum Beispiel die Mission, gewisse zentrale Werte des Unternehmens und eine wünschenswerte Zukunft beschreiben. Mitarbeitern fällt es so leichter, den Zweck des Unternehmens und ihrer Arbeit zu verstehen, sowie die Philosophie aktiv zu leben. Storydoing hat somit auch Einfluss auf die Unternehmenskultur und auf die interne Kommunikation, denn das Personal sollte die Geschichte nicht nur kennen und verstehen, sondern in ihrem täglichen Handeln verkörpern. Storydoing-Unternehmen transportieren ihre Geschichte bewusst durch direkte Aktionen. Sie nutzen ihre Core-Story als Organisationsstruktur für Aktivitäten im ganzen Unternehmen. Das schließt die Produktentwicklung ein, das Recruiting, Kollaborationen, sowie sämtliche Kommunikation der Organisation. Damit wird sichergestellt, dass die gewünschte Ausrichtung der Firma stets gegeben ist.
Was macht ein Storydoing-Unternehmen aus?
Laut einer Studie von co:collective gibt es folgende sechs Attribute, die eine Storydoing-Company ausmachen:
Story
- Das Unternehmen hat eine Geschichte.
- Die Geschichte definiert eine Ambition, die über den kommerziellen Anspruch hinausgeht.
- Die Geschichte definiert einen klaren Feind.
Doing
- Die Geschichte wird eingesetzt, um Maßnahmen im gesamten Unternehmen voranzutreiben.
- Das Unternehmen hat einige ikonische, transformative Aktionen definiert, auf denen der Fokus liegt.
- Menschen außerhalb des Unternehmens beschäftigen sich mit der Geschichte und nehmen an ihr teil.
Auf Basis dieser Kriterien hat co:collective 42 unterschiedliche öffentlich gehandelte Unternehmen einer der zwei Kategorien zugeordnet: Storydoing oder Storytelling. Als Storytelling-Unternehmen wurden zum Beispiel Burger King, MasterCard und SAP klassifiziert. Storydoing-Unternehmen sind laut co:collective beispielsweiße Target, Disney und Starbucks. Doch wie wird Storydoing nach außen kommuniziert?
Storydoing im Marketing
Für die Konsumenten zeigt sich das Storydoing eines Unternehmens oft in Form von speziellen Aktionen und Kampagnen, wie besonderen Events oder Call-to-Action Aufrufen. Eine Möglichkeit dies umzusetzen ist auf gesellschaftliche Themen, die zu den Werten des Unternehmens passen, aufmerksam zu machen. Hierbei ist es wichtig, dass das Unternehmen authentisch bleibt und nur dann Stellung bezieht und etwas unterstützt, wenn es auch zur Core-Story der Firma passt und die Position im Unternehmen selbst auch angewendet wird. So kann die Firma etwas konkret umsetzen, andere inspirieren und zum Mitmachen oder Nachahmen aufrufen. Das macht die Geschichte sowohl für die Mitarbeiter, als auch für die Kunden erlebbar.
JetBlue “Reach Across the Aisle”
Die amerikanische Fluggesellschaft JetBlue wendete diese Strategie in ihrer Kampagne „Reach Across the Aisle“ an. Die Aktion zahlt auf eine der fünf zentralen Missionen der Unternehmens ein, nämlich „inspiring humanity“. Es handelt sich um eine Storydoing-Kampagne, bei der Flugpassagiere teil eines außergewöhnlichen Experiments wurden. JetBlue wollte beweisen, dass 150 fremde Menschen es schaffen können ihre Differenzen zu überwinden, um sich einstimmig auf eine gemeinsame Entscheidung zu einigen. Im folgenden Youtube Video können Sie sich die Kampagne ansehen.
Storydoing ist viel mehr als nur Marketing
Auch wenn der Begriff häufig in Marketing-Kontexten verwendet wird, ist das Potenzial, das dahintersteckt, sehr viel größer. Denn Storydoing kann auch heißen, dass Mitarbeitern neue Erfahrungen ermöglicht werden, die Veränderungsprozesse einleiten. Eine der Grunderfahrungen der Narrativen Organisationsentwicklung ist, dass Wandel niemals nur durch reine Kommunikation und Storytelling erfolgreich sein kann: Die Menschen müssen neue Geschichten auch erleben, um sich auf Veränderungen einzulassen.